Mein Frankreich-Tagebuch 2014

Frankreich 2014  Karlsruhe – Marseille

Kopie von facebook

26.07.2014

Ich sitze jetzt in Strasbourg in einem Altstadt-Café vor einem großen Fischer-Bier. Gestern kam ich ja in Karlsruhe an und nächtigte bei Freunden, die ich fast 20 Jahre nicht mehr gesehen hatte. Da wurde es dann doch später. Ein Dank noch mal an Anne und Uli. Aber lange schlafen konnte ich doch nicht. So fuhr ich dann um 9 Uhr los. Warm und schwül war es, im Laufe des Tages zog es sich an der Schwarzwaldkante immer mehr zu. (Huch, jetzt haben sie hier Heizstrahler angemacht! Ich komme mir vor, wie ein Huhn im Stall…, das Volk um mich herum gackert fast genauso). Und irgendwann fing es an zu tröpfeln. Also wurde alles schnell regendicht gemacht. Aber so schlimm war es dann doch nicht. An der vermutlich letzten Rheinschleuse wechselte ich dann nach Frankreich hinüber, und – wie es ich ahnte, dort hörte der Regen auf. Wetterscheideneffekt eben. Weiter rheinaufwärts, und zuletzt ging es durch ein wildparkähnliches Gelände. Ist schon seltsam – lauter deutsche Weg- und Ortsbezeichnungen in Frankreich zu lesen, auch sehr merkwürdige. Eine Bushaltestelle hieß „Fuchs am Buckel“ oder so ähnlich. Vorbei am Internationalen Gericht für Menschenrechte, in dessen Umgebung lauter Forderungen und Beschimpfungen des Gerichts am Zaun hängen. Und ein Protestcamp – wogegen? – gibt es auch. Mein Gastgeber von warmshowers.org öffnete sichtlich verlegen… er hatte einfach vergessen dass ich mich angemeldet hatte. Und obwohl
er ein Date mit einem Herzklopfen machenden weiblichen Wesen hat, hat er mich dennoch aufgenommen. Sogar eine Rose hat er für sie gekauft.

27.07.

2.Etappe: Strasbourg – Hirtzfelden (bei Mulhouse). Hirtzfelden, weil da meine nächsten Gastgeber von warmshowers.org wohnen und es nur mit 102 km für mich weit genug nach Süden war. Diesmal sitze ich an einem richtigen PC, dafür aber mit französischer Tastaturbelegung, d.h. wenn ich blind tippe, liege ich zu 20 Prozent daneben … besser als das 1-Finger-Tippen mit Bildschirmtastatur….  [ich vergaß nämlich meine eigene externe Bluetooth Tastatur zuhause] Und wenn ich diesen Satz z.B. hier am PC nochmal blind tippe komm dabei heraus: „Ich vergqss ,eine Blue-Tooth Tqstqtur yuhquse“. Herrlich….!
Aber immer noch schneller als mit 1-Finger-Suchtippen auf der virtuellen Tastatur. Trotzdem werde ich hier wohl kein Ersatz kaufen.
Wie auch immer, was ist inzwischen passiert?
Strasbourg naturelment. Also, nachdem ich aufstand bemerkte ich plötzlich, dass ich allein in der Wohnung war. Monsieur Gastgeber verbrachte die Zeit lieber noch bei seiner Freundin, konsequent, schließlich hatte er mich sowieso „eigentlich“ vergessen. Er entschuldigte sich dann später per SMS. Da war ich aber schon weit weg….
Ich zog nämlich irgendwann die Tür zu und machte mich auf den Weg in die Altstadt. Obwohl ich 1993 schon mal in Strasbourg war, musste ich erneut feststellen, für diese altstädtische Kulturgewalt plus modern arts brauchte ich 3 Tage extra. Geht aber nicht, habe ich nicht eingeplant. Also beließ ich es beim Münster und einem Kreuz – und – quer- Kurztrip durch die Gässchen. Dann folgte eine Rheinauen – Landschaft mit Kanälen und viel wildem Gehölz, hohen Deichen (mal eben in den Rhein springen kann man hier vergessen), elsässischem Lokalcolorit, das sich aber in Orts- und anderen geografischen Bezeichnungen erschöpfte – die Dörfer sehen alle aus wie irgendwo. Die Sonne knallte vom blauem Himmel, kein Café zur Einkehr nirgends. Dafür dann Haute Cousine bei meinen Gastgebern am Abend: Aperitif + raffinierte Zucchini – Suppe +Salat (geschälte Tomate mit Rapunzel und  grünem und Allerleisalat), Bohnen Gemüse + Fleisch, Kuchen mit selbstgeernteten Feigen belegt – wir sind hier im Süden und der Garten wirkt sehr italienisch! Ich wurde bewirtet wie ein König. Sie spricht halbwegs deutsch mit elsässisch-badischem Einschlag, er hingegen nur französisch (was ich eher verstehe als spreche). Gute Nacht aus Hirtzfelden.

29.07.

3. Etappe Hirtzfelden – Mandeure, 90 km.
Marie und Jean-Pierre sollten einen Verdienstorden für Gastgeber bekommen. Alles mit freundlicher Selbstverständlichkeit, wunderbarem Frühstück, sogar einen Ersatz für mein am Vortag verlorenes Badetuch schenkte mir Marie und Jean-Pierre brachte mich noch auf den richtigen Weg.
Jetzt sitze ich in einem bauwagengroßen Bungalow mit edel Komfort weil… ja weil nach einem letzten Endes sonnigen Vormittag sich nachmittags ein Wolkentheater aufbaute und mich infam umzingelte! Und mein Weg führte mitten hinein. In Mulhouse war es noch freundlich. Dazu kam ein frischer Gegenwind und dann tröpfelte es immer mehr und mehr, wurde zu einem richtigen Regen. Und das obwohl ich immer wieder unter Brücken anhielt und dem Wetter jede Chance gab, sich zu bessern! Als ich hier ankam, war des feuchten Felix Gedanke nur noch – jetzt bitte nicht ins enge Zelt müssen! Bungalows gab’s für 45 Euro, warm und trocken mit Kamin (!) und die letzten 3 Nächte waren ja für mich kostenlos, da leiste ich mir das eben. Der Wetterbericht verspricht allerdings nichts Gutes für die nächsten drei Tage…

30.07.

4.Etappe,  Mandeur – Besancon. Das Wetter versprach grauenvoll zu werden und wurde zumindest ekelhaft. Dennoch widerstand ich der Versuchung, mit einem Zug die Strecke in den sonnigen Süden abzukürzen. Das kann ich in Kanada nächstes Jahr ja auch nicht. Stattdessen suchte ich mir den ersten potentiellen Gastgeber bei warmshowers heraus und siehe da, es klappte. Damien erwartete mich. Also los! Erst mal über eine steile Anhöhe, dann weiter am Doubs entlang, flankiert von hohen Kalksteinfelsen windet sich der Fluss durch Franche Comte bis er irgendwann in die Saone mündet. Die Wolken klammerten sich in Schwaden an die Felsen und molken mir ihre Regenlast mit heftigen spritzigen Nieselattacken in mein Gesicht. Zwischenzeitlich immer wieder Lücken, die mich hoffen ließen, aber bis Besancon geschah kein wirklicher Durchbruch. Aurelie und Damien erwarteten mich und luden mich ein, mit ihnen zusammen Freunde zu besuchen. Alle sprachen mir zuliebe Englisch! Aurelie ist Historikerin, die anderen drei Klimatechniker. Claire experimentiert und verkostete einen grenzwertig süßen Nuss-Wein sowie andere selbst gebraute Liköre. Es wurde ziemlich spät und ich sank dann bald ins Bett. Sehr unkompliziert diese Menschen, sie überließen mir ihren Wohnungsschlüssel und ich kann hier in Ruhe frühstücken und abwarten, ob ich bei dem unveränderten Wetter weiterfahren will oder lieber erst morgen. Nett!

31.07.

5. Etappe Besancon- Dole
Also ich entschied mich, doch um 15 Uhr weiter zu fahren. Der Vormittag war so verregnet, dass ich kaum in die Stadt zur Besichtigung kam. Meine kulturelle Neugierde wurde fast weggeregnet. Aber der Botschafter des Wettergotts versprach ja, dass es am Nachmittag aufhören solle. Ich las noch, schlief ein wenig und packte meine Sachen. Trotzig gab es um 14.10 Uhr noch einen letzten Abschiedsschauer. Ich packte mein Zeug aufs Rad, und da passierte es.

„Hab ich alles?“

Ja, dachte ich, also warf ich entschlossen den Schlüssel in den Briefkasten.
Natürlich fehlte doch etwas Wichtiges. Die Packung mit Zelt und Schlafsack stand noch im Schuppen! Typisch ich!!! Ich rief Damien an, vielleicht arbeitet er ja in der Nähe? Leider nicht. Vor 17 Uhr sei nicht mit ihm zu rechnen. Mir blieb nichts Anderes übrig, als den Schlüssel wieder aus dem Kasten zu angeln. Und wie? Ich dachte an McGyver und erfand eine Angel, bestehend aus einem Spanngummi und einer Rolle Klebeband. Den Haken bog ich etwas auf, damit ich die Rolle gut darauf klemmen konnte, vom Band wickelte ich so viel ab, dass ich eine klebrige Schlaufe bilden konnte. Dann versenkte ich die Rolle wie einen Angelhaken im Kasten, und – nach dem 3. Versuch hatte ich den Schlüssel wieder in der Hand. Ich war richtig stolz! Endlich konnte ich mit komplettem Gepäck starten. Es sollten ja nur 60 km werden. Nach 30 km kam sogar sie Sonne wieder heraus. Die Doubs war mächtig angeschwollen vom Regen der letzten Tage. Die Felsen an den Ufern wurden niedriger, Dole nahte gegen 19 Uhr, das Ufer war umsäumt von uralten charaktervollen Platanen. So und heute wird gezeltet!

01.08.2014

6. und 7. Etappe
Die 6. Etappe war relativ bedeutungslos. Aber ich traf abends in Chalon-sur-Saone ein nettes niederländisches Ehepaar, das schon sonst wo in der Welt mit dem Fahrrad war. Da sie die Etappe die ich hinter mir hatte, vor sich hatten, schenkte ich ihnen meine Landkarte. Heute Morgen besorgte ich mir noch ein Ladegerät, damit ich meine lieben Leser bis zum Schluss mit Bildern versorgen kann. (Ja ich habe eins, aber zu Hause!!) Dann noch zu Intersport und zu Carrefour (= Kaufland²), das ich in einem irren Tempo von nur 10 Minuten wieder verließ, dann hatte ich alles zusammen. Es ist für mich immer ein seltsames Gefühl, Fahrrad samt Gepäck vor der Tür stehen zu haben…. zum
Glück ist noch nie was passiert.
Dann ging es weiter, Richtung Cluny, diese Etappe kenne ich ja schon vom vorigen Jahr (siehe Eintrag vom 13.8.13). Eigentlich wollte ich nur bis Taizé fahren, aber die Herren Brüder teilten mir schon vorher per Mail mit, dass man mindestens einen Aufenthalt von 3 Tagen erwarten würde. Ich bin aber immerhin abgebogen und den Berg hochgefahren, um wenigstens mal einen atmosphärischen Eindruck zu bekommen. Schon im mittelalterlich wirkenden Dorf davor schauen lauter Jugendliche aus den Fenstern. Fast nahtlos geht dieser Ort in Taizé über und schon fühlt man sich wie in einem Jugendcamp. Ich sah so gut wie nur 16-22-jährige. Die Kirche kann man von innen nur von 13-14 Uhr fotografieren. Zu spät. Es blieb bei einer Außenansicht und ich weiß jetzt, dass ich da nicht hin muss. Frère Rogers Grab von ergreifender Schlichtheit findet man an der winzigen romanischen Dorfkirche. Überhaupt scheint der ganze Ort inzwischen der Communauté zu gehören.
8 km weiter liegt dann Cluny, dessen größte Kirche des Mittelalters 1798 Opfer der jakobinischen Kulturrevolution wurde. Die Reste kann man besichtigen.

02.08.2014

8.Etappe von Cluny bis kurz vor Lyon.
Diese Strecke war ziemlich abenteuerlich. Am Anfang hinter Cluny kommt der kurze steile Anstieg zum einem Tunnel. Die Route verläuft ja weitgehend auf einer still gelegten Bahnstrecke. Und daher gibt es auch diesen 1,8 km langen Tunnel, der im Winter den Fledermäusen gehört und im Sommer den Radfahrern. Von dort aus geht es erst mal bergab. Gleichzeitig begann es sich mal wieder zuzuziehen und zu tröpfeln. Die folgenden Orte sind mehr zum nur Durchfahren. Brombeerhecken locken immer wieder zum Stopp. Irgendwann konnte ich auf das Regencape verzichten und folgte meiner Route auf einem Pfad, der direkt an der Saone entlangführte. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und sprang in den Fluss. Als ich wieder rauskam und mich anzog vermisste ich meine Brille. Ach du liebe Güte, wo ist die denn jetzt? Ich suchte alles ab und fand sie nicht. Wo kann die Brille sein? Wer mich kennt, weiß, dass meine die Brille immer an einem Band um den Hals hänget. Sie musste sich beim Abnehmen das Regencapes irgendwie verheddert haben. Nur wo war das? Missmutig fuhr ich zurück bis zum letzten Brombeerbusch. Das waren schon einmal fünf Kilometer. Keine Spur von meiner Brille. Leider konnte ich beim besten Willen nicht sagen, ob ich das Regencape dort abgenommen hatte oder woanders. Was nun? Ohne Brille könntet ihr mich nicht lesen und ich könnte die Informationen auf meinem Navigator nicht mehr erkennen. Ich selbst könnte auch abends im Zelt gar nichts mehr lesen und würde mich bei Regen zu Tode langweilen! Jetzt schnell herausfinden, wo ich hier in der Gegend einen Optiker finde. Gesagt – getan und nach 2 km gefunden. Die Optikerin konnte noch schlechter Englisch als ich Französisch. Aber irgendwie verständigen wir uns und nach 10 Minuten hatte ich eine andere Brille. Eine Ersatzbrille natürlich nur. Jetzt noch ein paar Lebensmittel einkaufen und dann nutze ich die Chance, die weitere Strecke neu zu planen. Ich hatte nämlich keine Lust mehr auf den beschissenen Uferweg, bei dem ich nicht wusste in welchem Tempo ich irgendwie durchkommen würde. Also eine andere Strecke, diese jedoch entpuppte sich als stark befahren. Ich hatte jetzt aber keine Lust mehr auf eine neue Planung. Ich liebe zwar einsame Straßen, aber ich nahm das jetzt als Lehrstück hin. Immer geradeaus die D 903 entlang, die, je näher ich Lyon kam, einen fast lebensgefährlichen Verkehr aufwies. Zudem zog es sich zu. Eine Gewitterfront näherte sich, und ich flüchtete in den Schutz eines dichten Gebüschs. Nach einer halben Stunde konnte ich dann halbwegs trocken weiterfahren. Mit der Zeit wurden die Steigungen wieder steiler. Dafür regnete es nicht mehr und ich war letzten Endes froh diesen teuren, aber beschissenen Campingplatz mit seinen nassen glitschigen Zeltstellen erreicht zu haben, auf dem ich mich gerade befinde.

03.08.2014

9. Etappe Lyon – St Rambert

Wieder eine kontrastreiche Etappe. Vom Camping aus nach Lyon hinab ging es scharf bergab. So scharf, dass ich fast in einen Autobahn- Tunnel gefahren wäre, aber da am Sonntag wenig Verkehr ist, konnte ich das Schlimmste verhindern. Lyon imponiert mit protziger Gründerzeitarchitektur. Ich „zirkulierte“ durch die auf einer Halbinsel zwischen Rhone und Saone liegende Innenstadt um Sehenswertes fotografisch einzufangen. Das Wetter war schön und ich trank noch einen Kaffee, dann verließ ich die Stadt gen Süden. Ich fuhr durch verfallende Vorstädte und dann immer weiter geradeaus gefühlte 15 Kilometer lang eingezwängt zwischen Autobahn auf der rechten Seite und Bahnanlagen sowie Industrie auf der linken Seite. Die Autos fuhren hauptsächlich nach Süden und standen auf der Autobahn im Stau, so dass es mir eine Genugtuung war, mit dem Fahrrad schneller zu sein. Irgendwann querte die Autobahn die Straße, und endlich war die Rhone zu sehen. Und die Via Rhona, der Rhone Tal – Radweg, war endlich ausgeschildert. Diesem Weg folgte ich. In der Ferne tauchten hohe Berge auf, die ich zunächst für die Alpen hielt, aber es waren niedrigere Gipfel eines anderen Gebirges, dessen Namen mir jetzt nicht einfällt. An diese Gipfel klammerte sich alsbald eine Gewitterwolke. Ortsfest hing sie über der Rhone und weitete sich mal in die eine Mal in die andere Richtung aus. Als es zu tröpfeln begann, wartete ich respektvoll unter einer Brücke, bis es erst einmal wieder aufhörte. Die Pause war jedoch nicht von langer Dauer, denn ich fuhr ja eigentlich dem Gewitter entgegen. Es war wie verhext, denn die Gewitterfront war so klein, dass man fast überall ihr Ende sehen konnte. Trotzdem konnte ich ihr nicht entrinnen, ich musste durch sie hindurch. Zum Glück kam ein Unterstand. Das ist etwas sehr Seltenes in Frankreich. Wahrscheinlich gab es diesen nur, weil hier der Gewittergott zu wohnen scheint, der Reisenden immer wieder Respekt abnötigt. Wie ein alter Herr wälzte er sich von rechts nach links und kaum hatte ich den schützenden Campinglatz erreicht und mein Zelt aufgestellt, vereitelte er mein Abendessen im Freien mit kräftigen Regen. Dies meine Freunde, ist der erste Bericht den ich mir im Zelt hockend mündlich in das Tablet diktiert habe.

04.08.2014

10. Etappe St Rambert bis Montelimar

Was habe ich dem Wettergott nur angetan, dass er mich mit seinen Schauern verfolgt? Morgens lag schon einmal dichter Nebel über dem Campingplatz und sorgte so dafür, dass fast alles nass oder feucht war. Als ich dann um 10 Uhr aufbrach, sah es zunächst nach einem sonnigen Tag aus, schließlich bin ich ja fast am Mittelmeer! Aber noch vor Valence griff der Arm des Regenmonsters hinterrücks nach mir. Dann verfuhr ich mich beim Versuch die Stadt zu durchqueren und landete wieder an derselben Stelle. Jetzt regnete es so heftig, dass ich das Navi weder lesen noch richtig bedienen konnte, ich war feucht und flüchtete mich in den Eingangsbereich der Post. Da stand ich nun vor Kälte zitternd und musste mich erst mal vor aller Augen umziehen. Ich beschloss dennoch, spätestens 17 Uhr weiter zu fahren. Und pünktlich genau dann hörte es auch auf…!
Ich fuhr auf das andere Ufer der Rhone und folgte dort der Straße. Von den 97 km heute habe ich bestimmt 35 in schwerstem Verkehr überlebt! Denn die Via Rhona (der Radweg) scheint nicht immer zusammen mit der Straße ins Tal zu passen. Es wurde immer sonniger. Im Osten grüßten fern die Alpen. Ein freundlicher Rückenwind erleichterte das Vorwärtskommen. Um 20 Uhr erreichte ich schließlich mein Ziel.

07.08.2014

Zusammenfassung der letzten Etappen.

Seit Montelimar hab ich nichts mehr geschrieben. Seitdem herrscht eitel Sonnenschein und ein mistralartiger Nordwind schiebt mich von hinten. Auf reichlich vertrackten Wegen gelangte ich bis kurz vor Avignon. Reichlich vertrackt deswegen, weil es schwer ist, eine Route zu finden, wenn die Via Rhona mal wieder nirgends ausgeschildert ist und ich verkehrsreiche Straßen meiden will. Da gerät man dann schnell auf kiesige Dammwege oder seltsame vom Navi als befahrbar empfohlene Schleichwege. Jedenfalls gab es eine Menge hübscher Städtchen, deren Namen ich noch nie hörte. Denzere, Pierrelatte oder Pont-Saint-Esprit. Jedes hätte mehr Zeit verdient als ich sie hatte. 109 km wurden es an diesem Tag. Das war so nicht geplant aber bisher wurde jede Etappe am Ende länger als von google maps ausgerechnet!
Avignon folgte gestern und Arles. Avignon mal eben auf einer Radtour besichtigen zu wollen ist, als wolle man mal eben mit dem Fahrrad im Vatikan vorbeischauen. Too much! Mein inneres Schisma zwischen dem Kulturfreund, dem Fotografen und dem Radfahrer trat mal wieder zutage. Ist aber vorgemerkt, ich muss unbedingt eine Bildungsreise machen zu beiden Orten. Ich fuhr noch bis zu einem Campingplatz in der Camargue, der dann aber erstmal nicht da war, wo er laut Karte sein sollte. Also nochmal 6 km zurück. Und dann war er ausgebucht. Ich quengelte ein bisschen herum und dann war da doch noch ein kleines Stückchen Wiese frei….

08.08.2014

11. Etappe – Durch die Camargue bis Port du Bouc

Eine anfangs angenehme Fahrt durch das Naturschutzgebiet mit schilfumrandeten Wegen, einem Ausflug in ein Informationszentrum, dem Versuch, Flamingos zu fotografieren – leider hab ich die neue Kamera falsch eingestellt, so dass die Bilder und auch die von den berühmte Pferden der Camargue etwas mäßig in ihrer Qualität wurden (wie ich hinterher feststellen musste). Mittags aß ich in einem herrlichen Landgast hof, wo ein Patriarch erhöht sitzend Regie führte. Dann landete ich später auf einem schrecklichen Waschbrett – Schotter – Weg und gelangte schließlich zum Camping Municipal nach Port Du Bouc.

10.08.2014

12. Etappe – Port du Bouc – Marseille

Ich war in durch mörderischen Straßenverkehr endlich in Marseille angekommen, nachdem ich mir kurzfristig über warmshowers einen Gastgeber organisiert hatte, zumal es in Marseille keinen Campingplatz nahe genug zur Stadt gibt. Er wohnte praktischerweise im 5.Stock, dort hinauf musste ich Gepäck und Fahrrad ohne Aufzug befördern …
Ich habe dann den Abend zu einem Ausflug zum Hafen genutzt, und weil mir das Colorit dort so gefallen hatte, bin ich heute Vormittag noch einmal dort hin und haben einen langen Marsch bis zum Fort am Hafenausgang und zurück durch das malerische Viertel hinter dem Hafen hinter mich gebracht.

Um 15.09 Uhr fuhr mein pünktlich mein TGV nach Basel mit Anschluss an den CityNightline nach Berlin.

Und jetzt sitze ich wieder zuhause und beschäftige mich mit Bildbearbeitung. Nächstes Jahr werde ich meine bisher längste Radreise starten und Kanada durchqueren!